Sunday 12 January 2020

Das Hattrick-Wochenende

Das vergangene Wochenende war sicherlich eines der besten, wenn nicht sogar DAS beste Kletterwochende meiner bisherigen Karriere.

Angefangen hatte alles damit, dass ich eigentlich meinem Lieblingsbouldergebiet Merkenstein endlich wieder einen Besuch abstatten wollte. Über Weihnachten hatte es wetterbedingt nie gepasst und am letzten Wochenende war ich etwas kränklich, sodass ich nicht 1 1/2 Stunden Anreise in Kauf nehmen wollte, um dann vielleicht komplett unfit nach 15 min wieder das Zeug zusammenpacken zu müssen.

Abseits von Merkenstein war ich aber in den letzten Wochen bei mehreren Bouldern im Grazer Bergland sehr knapp an den Durchstieg herangerückt, sodass ich das Gefühl hatte diese eigentlich nur mehr abknipsen zu müssen. Dies waren folgende Boulder:

1) 1/2 Straßenblocktraverse nach rechts (St. Radegund/Straßenblock)...............7A+
2) Only for Hookers (Probebühne)....................................................................7A+
3) Nix für Memmen (Waldspielpark aka Gschissenes Platzl)...............................7B

So war neben Merkenstein die Motivation auch hoch mal wieder einen Durchstieg zu landen bzw. hatte ich innerlich irgendwie das Gefühl, dass ich die Muscle memory  und all das Auschecken der letzten Wochen nicht einfach für einen Merkenstein-Besuch opfern sollte (Anmerkung: ich komme derzeit nur am Wochenende zum Klettern; unter der Woche ist einfach zu viel in der Arbeit zu tun).

Nichtsdestotrotz entschied ich mich letztendlich dazu am Samstag nach Merkenstein zu schauen und sollte ich mich nicht allzu unfit fühlen, könnte ich vielleicht ja am Sonntag noch einen meiner Boulder im GBL abziehen.
Soweit so gut!
Das Wetter für Samstag war für Niederösterreich zwar nicht superklasse angesagt, aber 6°C bei starker Bewölkung sollten dennoch ok sein.
Nun, die Webcam am Samstag ließ leider nichts gutes erahnen. Die Straße erschien mancherorts feucht tlw. sogar nass, was mich doch abschreckte, zumal sich die Parameter (Luftdruck, relative Feuchte, Temperatur von 9:00 auf 10:00 Uhr nicht positiv entwickelten. Auch auf der Gumpoldskirchen-Webcam zogen nun verdammt dunkle und tiefhängende Wolken herum. Die Motivation war dahin, zumindest für Merkenstein, denn in Graz war es herrlich sonnig und angenehm warm.

Was mir bereits in den Tagen davor durch den Kopf gegeistert war, bevor ich mich letztlich für Merkenstein entschieden hatte, war ein durchaus verwegener Plan. Wieso sollte ich nicht alle drei Projekte, an denen ich so knapp dran war, an einem Wochenende abziehen!? Dann hätte ich für's nächste Wochenende den Kopf vollends frei und könnte mich falls das Wetter passt ganz auf Merkenstein konzentrieren.
So kehrte dieser Plan schnell wieder auf's Tapet retour und kurze Zeit später befand ich mich in St. Radegund.

Mein Schlachtplan war mit der Traverse kurzen Prozess zu machen, schließlich hatte ich diese als letztes probiert und war dabei beim vorangegangenen Besuch gleich zwei mal am letzten Zug heruntergefallen.
Danach würde ich noch am selben Tag zum "Nix für Memmen" schauen und dort mein Glück versuchen. Je nachdem wie lange ich für die Traverse benötigt hätte, würde ich sofort im Anschluss oder nach einer längeren Mittagspause weiterfahren.
Dann hätte ich die Nacht zum Regenerieren und müsste am Sonntag  "nur" mehr eine 7A+ klettern. "Only for Hookers" sollte auch deshalb als letztes geklettert werden, da dieser Boulder so brutal überhängt, dementsprechend aber recht gute Griffe aufweist, die ich auch noch mit Tape halten könnte.
Meine Haut war nämlich vom letzten Wochenende immer noch etwas mitgenommen.

In Radegund angekommen war es kälter als gedacht und der Straßenblock leider schon im Schatten (ca. 11:15 Uhr). Auch fühlte ich mich doch ziemlich müde. Trotzdem war ich mir sicher, dass ich zumindest diesen Boulder heute würde bezwingen können und so startete ich das Aufwärmen.
Zunächst ging auch das Aufwärmen nicht allzu leicht von der Hand aber von Zug zu Zug wurde es ein wenig besser und wenige Zeit später war ich bereit meinen ersten Go hineinzuhauen.
Ay nein, ich hatte mein Red Bull im Auto vergessen! Also kurz hinüber, dieses Ritual gehört zu meinem Kletterleben dazu. Ohne koffeiniertes Zuckerwasser kein Durchstieg! =D

Zurück beim Block schnallte ich mir die Kampfschuhe an und fühlte mich nun auch richtig gut aufgewärmt, sowohl die Muskeln als auch die Finger. Bereits der erste Zug gab mir das Zeichen, dass ich fit war und es jetzt sehr gut klappen könnte. Die ersten Meter gingen durchwegs solid und am Leistenboulder angekommen fühlte ich mich noch sehr fit. Und da war er wieder der letzte Zug. Hook setzten....fuck, verfehlt. Nochmals...yes, und jetzt mit "Schmackes" den letzten Zug herreissen. Geklappt! Perfecto!!!
Nach ca. 20 min inkl Aufwärmen packe ich nach nur einem Versuch am Straßenblock wieder meine Sachen. Optimal performed! Das war wichtig und ein gutes Vorzeichen für "Nix für Memmen".

Also gleich weiter zum Waldspielpark....dort angekommen dasselbe Bild. Ich fühle mich müde habe nun aber natürlich die positiven Vibes in mir und bin topmotiviert!
Drei Versuche hintereinander falle ich am Cruxzug. Unten hin geht es immer super solide. Das Tape am Zeigefinger wird dabei von Versuch zu Versuch immer mehr eingespart, um mehr Grip am Sloper zu haben (zunächst noch schön auf's letzte Fingerglied nach hinten getaped, dann nur mehr am 1. Glied aber noch breit, dann nur mehr halbe breite von vorhin) und plötzlich fällt mir auch wieder ein, dass ich mich beim Cruxzug hauptsächlich darauf konzentrieren muss, dass der Hook nicht sofort herausrutscht sondern drinnen bleibt bis ich den Zielgriff bereits zwischen den Fingern habe.
Der nächste Versuch ist sauknapp! Mit dem Hook hat alles gepasst, doch hatte ich den Zielgriff nicht allzu gut zu fassen bekommen, sodass ich den Auspendler nicht halten konnte.

In der Crux von "Nix für Memmen" (7B)

Nun machte ich eine etwas längere Pause. Geschätzt hatte ich noch 2-3 Versuche, dann würde die Kraft wohl nachlassen und ich würde mich einfach darauf konzentrieren, am nächsten Tag noch mein "Only for Hookers" zu punkten. Zwei 7A+ an einem WE wären ja auch ziemlich nice!
Außerdem entschied ich mich schließlich dazu das Tape nun ganz herunterzunehmen um optimalen Grip zu haben.
Der untere Teil lief gleich easy wie zuvor und beim Cruxzug angekommen fühlte ich mich deutlich stärker als in den Versuchen davor. Die Zielleiste bekam ich halbwegs gut zu fassen und beim auspendeln der Füße merkte ich, dass es klappen könnte und so war es auch. Schnell den linken Fuß wieder an die Wand und nun konnte mich nichts mehr stoppen. Wie genial! Vielleicht war das mein bester Klettertag bisher...aber es sollte ja noch weitergehen!

Mit gut gepushtem Selbstvertrauen ging es daher am nächsten Tag zur Probebühne, meinem neuen Konglomerat(!) Boulderspot, wo ich mir über Weihnachten bereits "King of the Konglo" (7A/+ First Ascent) und "Vitamin B(izeps)" (7A) holen konnte. Beides supergeile Teile.
Die beste Line aber war mit "Only for Hookers" (7A+) noch offen und sollte das Ziel für die Vollendung meines Hattrick-Wochenendes sein.

Auch hier fühlte ich mich zunächst wieder recht müde, doch ließ ich mich davon schon nicht mehr beirren. Zum Aufwärmen werkelte ich noch einmal an den Einzelpassagen herum, wobei ich mich trotz der Kälte (diesmal waren's nur 1,0°C) schon bald recht gut aufgewärmt fühlte und bereit für den ersten Try war.

Der Anfang lief halbwegs gut, wobei mir gleich zu Beginn einmal die Füße kamen, wo sie eigentlich dabei bleiben sollten. Aber egal. Nachdem ich beim großen Henkelloch für links angelangt war, fühlte ich mich schon nicht mehr ganz frisch aber die Motivation war hoch es jetzt einfach durchzuziehen. Die Spannung halten und ja, schon trennten mich nur noch zwei Züge vom Top.
Irgendwie fühlte es sich aber schon verdammt hart an und den vorletzten Griff musste ich einigermaßen unkontrolliert anschnappen. Halb so wild, da der Griff eh super ist, nur dass mir die Füße gehen und ich dermaßen einen fetten Swing bekommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet!
Dennoch war der Wille anscheinend zu stark um hier noch loszulassen und nach dem zweiten oder dritten Swing schaffte ich es zum Glück auch wieder die Füße an die Wand zu bringen.
Nun noch ein beherzter und v.a. improvisierter Schnapper zum Top (eigentlich hatte ich immer mit links hinaufgegriffen) und yes, Durchstieg!
Hier das Video vom First Ascent:



Es hat also tatsächlich geklappt! Hattrick! Mein Hyper-Wochenende war wie geplant gelungen.
Genial!